Unsichtbare Freunde bei Kindern – normal oder ein Problem?
Gestern hat sich mein Kind unterhalten und jemanden zum Spielen aufgefordert. Lautstark und voller Elan hörte ich im Wohnzimmer ein lautes „Komm mit, trau dich, komm!“. Auf der einen Seite war ich entzückt, auf der anderen schockiert. Denn meine Tochter zog an ihrer Hand scheinbar jemanden durch die Wohnung, den ich nicht sehen konnte. „Becca, Becca, komm spielen!“ meinte sie und lachte in ein nicht vorhandenes Kindergesicht. Rebecca, die kleine Freundin aus dem Kindergarten, war noch nie bei uns zuhause. Seit heute ist sie es – ob ihre Eltern davon wissen?
Warum erfinden Kinder Fantasiefreunde?
Meist lernen Eltern die unsichtbaren Freunde ihrer Kinder im Kindergartenalter kennen. Nicht selten begleiten sie fortan das Leben für ein bis zwei Jahre.
Vernachlässigt das Kind dann nicht andere Freundschaften?

Die Angst, dass Kinder mit Fantasiefreunden vereinsamen ist verständlich. Ebenso wie sehr introvertierte Kinder, die sich gerne und lange alleine beschäftigen, bereiten Kinder mit erfundenen Freunden ihren Eltern oft Sorgen. Doch diese Angst ist unnötig. Im Gegenteil: Viele Untersuchungen haben ergeben, dass Kinder mit großer Fantasie oftmals sogar überdurchschnittlich kontaktfreudig und weniger schüchtern als andere Altersgenossen sind. Zumeist treten die unsichtbaren Freunde außerdem nicht in einer Gruppe anderer Kinder auf. Normalerweise lehnen andere Kinder Freunde nicht ab, nur um mit ihrem Fantasiefreund alleine zu spielen. Meist zeigen sie sich in einer Umgebung, in der nur Erwachsene anwesend sind und ein Spielpartner fehlt.
Der richtige Umgang mit den erfundenen Freunden im Alltag
Die Angst, das Verhalten des Kindes wäre nicht normal hemmt Eltern im Umgang mit ihnen oftmals etwas. Man sollte sich bewusst sein, dass ein erfundener Freund bei einem gesunden, fröhlichen Kind völlig unproblematisch ist. Man sollte den neuen Freund einfach mit einbinden. Er darf mitspielen, am Tisch mit essen, sein eigenes Besteck haben, im Flur einen Platz für die Schuhe. Nichts von alle dem ist schädlich für ein Kind. Die Gestalt des erfundenen Wesens kann einem sogar zeigen, mit welchen Themen sich ein Kind gerade auseinander setzt. So kann es beispielsweise „Gut und Böse“ sein, ein gemeines Fantasiewesen deutet gerne auf das Erlernen von „Fairness“ hin. Man sollte es als etwas Spannendes sehen und sich über die Bereicherung im Alltag freuen. Verschwinden tut der Freund eigentlich immer von alleine…
Sicher alles in Ordnung?
Grund zur Sorge gibt es nur, wenn ein Kind sich anfängt zu verschließen. Erst wenn Kinder anfangen die Fantasiefreunde deutlich und ständig über alles zu stellen und diese in jedem Belang eine Rolle für das Kind spielen, sollte man eventuelle andere Probleme, die tiefer liegen, ausschließen. Wirkt es depressiv oder schläft schlecht, kann der Fantasiefreund auch aus einer Problemsituation entstanden sein. Das Kind versucht dann mittels dieser erfundenen Person eine schwierige Phase zu überstehen. Geht dieses Verhalten über Wochen sollte man deshalb den Kinderarzt einmal zu Rate ziehen.
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