Wenn ein bisher völlig gesund geglaubtes Kind auf einmal völlig in sich zusammensackt, mit erschrockenem Blick in die Leere starrt und all seine Muskeln völlig unkontrolliert zu zucken scheinen, so sind alle Beteiligten für einen Moment in der Schockstarre. Bis in solch einer Extremsituation jemand einen kühlen Kopf beweist und mit Ruhe an das Kind heran tritt, vergeht durchaus einmal ein Augenblick. Die auffälligste Form von Epilepsien, nämlich das Umkippen in jeglicher Form ist vor allem für unwissende schockierend. Dabei ist der eigentliche Anfall nicht das größte Problem. Die Gefahren bei epileptischen Anfällen liegen ganz woanders.
Was ist Epilepsie?
Ein epileptischer Anfall ist- vereinfacht gesagt – eine elektrische Entladung des Gehirns.
Da die Funktionen des Gehirns basieren auf zahlreichen chemischen und elektrischen Signalen. Wenn innerhalb dieser Abläufe ein Ungleichgewicht (aufgrund der verschiedensten Gründe) entsteht, kommt es zu einer solchen Entladung. Dabei handelt es sich nicht immer automatisch um eine krankhafte Epilepsie. Epileptische Anfälle sind auch nicht immer als solche zu erkennen. Oftmals fühlt man sich lediglich kurz verwirrt, empfindet ein kurzes Kribbeln oder Taubheitsgefühle in den Fingern.
Viele epileptische Anfälle spielen sich auch nachts im Schlaf ab oder morgens kurz nach dem Aufstehen, meistens dauern sie nur Sekunden oder wenige Minuten.
Von einer wirklich krankhaften Epilepsie wird erst dann gesprochen, wenn sich solche oder größere Anfälle mitunter mit Bewusstlosigkeit und kontrollierbaren Zuckungen ohne erkennbaren Auslöser oder unter besonderen nervlichen Belastungen in mehr oder weniger großen Abständen wiederholen.
Eine krankhafte Epilepsie beginnt häufig bereits in der Kindheit und ist nicht selten. Ein Wert von etwa 6 auf 1000 Menschen wurden noch vor wenigen Jahren statistisch ermittelt.
Die bekanntesten Formen von Epilepsie
- Rolando-Epilepsie
Die Rolando-Epilepsie ist eine fast ausschließlich bei Kindern vorkommende Form der Epilepsie, da sie sich mit dem Alter zurück entwickelt. Die Kinder haben im Wachzustand vor allem Krämpfe im Gesicht und sondern dabei auch eine Menge Speichel ab. Bis auf kleinere Leseschwierigkeiten haben die Kinder eine besonders gute Prognose im späteren Leben beschwerdefrei zu sein. Auch im Kindesalter kommt es eher selten zu Anfällen. - West-Syndrom (BNS-Epilepsie)
Meist erkranken Kinder bereits innerhalb des ersten halben Lebensjahres (in etwa zwischen dem zweiten und achten Lebensmonat) an dieser Form der Epilepsie. Tendenziell sind eher Jungen betroffen. Diese besonderen Form der Epilepsie, die sich durch viele verschiedene Zuckungen und Krämpfe (neben allgemeinen Verkrampfungen der Gliedmaßen vor allem der Nacken- und Halsmuskulatur) zeigt führt meist zu Entwicklungsstörungen der Kinder - Juvenile myoklonische Epilepsie
Sie tritt meist erst in der Pubertät auf und wird durch Schlafmangel enorm verstärkt. Auch kurz nach dem Aufwachen sind Anfälle häufig. Weil die Krämpfe und Zuckungen, insbesondere der Arme, sehr stark ausfallen müssen die Kinder und Jugendliche fast immer (lebenslang) mit Medikamenten behandelt werden. Dann allerdings können sie sogar beschwerdefrei leben. - Lennox-Gastaut-Syndrom
Das Lennox-Gastaut-Syndrom wird durch eine Gehirnschädigung ausgelöst, beispielsweise durch eine Unterversorgung des Gehirns während der Geburt. Erstmals treten epileptische Anfälle aber erst zwischen drei und fünf Jahren auf. Hier leiden die Kinder meist unter vielen Anfällen an einem Tag, bei dem sie durch Verkrampfen oder Entschlaffen der Muskulatur häufig stürzen. Um Verletzungen zu vermeiden müssen Kinder mit dem Lennox-Gastaut-Syndrom fast immer einen Helm tragen. Entwicklungs- und Sprachstörungen sind häufig, Erwachsene mit diesem Syndrom können nur selten allein leben. - Dravet-Syndrom
Sie ist im Grunde die schlimmste Form der Epilepsie, an der Kinder erkranken können. Da es sich hierbei um eine Genveränderung als Ursache handelt zeigt sich diese Form der Epilepsie besonders früh. Die Kinder sind bei der Diagnose selten älter als ein Jahr. Kinder mit diesem Syndrom versteifen bei Anfällen ihren Körper oder zucken rhythmisch. Das Dravet-Syndrom lässt sich kaum mit Medikamenten behandeln, vielmehr verschlimmern die meisten Epilepsie-Medikamente die Symptome.
Wie erkennt man einen epileptischen Anfall? Gibt es Symptome?
Denkt man an einen epileptischen Anfall, so sieht man am Boden liegende, krampfende Kinder vor sich, vor den bläulich verfärbten Lippen schäumende Flüssigkeit. Diese Art schwerer, epileptischer Anfälle ist aber nicht unbedingt der Normalfall. Einen Normalfall gibt es im Grunde nicht, da die Symptome bei Epilepsien, wie auch deren Intensität enorm variieren können. So können leichte (z.B. myoklonische) Anfälle lediglich mit Kribbeln oder Taubheitsgefühlen in den Gliedmaßen oder fast unbemerkte Zuckungen auftreten, die von Außenstehenden nicht unbedingt wahrgenommen werden. So manch epileptischer Anfall sieht lediglich aus, als wäre das Kind gerade erschrocken. Es zuckt lediglich kurz auf.
Absencen bzw. Absence-Epilepsie
Bei dieser vor allem bei Kindern zwischen zwei und vier Jahren typischen Form von Epilepsie handelt es sich nicht um einen Krampfanfall im herkömmlichen Sinne. Vielmehr ist es ein kurzes Bewusstseinsverlust von 5 bis max. 20 Sekunden, in dem die Kinder praktisch in eine Art völlige Abwesenheit versinken. Sie halten inne, blicken starr und unterbrechen ihr bisheriges tun vollständig. Während des Anfalls ist es absolut nicht ansprechbar. Nur selten kann man die Kinder mit einem starken akustischen Signal, wie beispielsweise einem Knall aus einer solchen Absence bringen. So urplötzlich wie diese Absence auftritt, so plötzlich verschwindet sie auch wieder. Das Kind kann sich an nichts erinnern.
In seltenen Fällen und bei Erwachsenen kann sich auch die Absence-Epilepsie deutlicher und mit weiteren Symptomen wie bestimmten Automatismen oder unkontrollierbaren Bewegungen (beispielsweise Zuckungen von Mund und Augenlidern) zeigen.
Affekt-Krämpfe
Ein Zustand, der häufig von den Eltern im ersten Moment fälschlich als Epilepsie interpretiert wird sind Affekt-Krämpfe. Manche Kinder (besonders häufig sehr willensstarke Jungen) können sich so sehr in etwas hineinsteigern, dass sie beispielsweise die Luft anhalten, bis sie in Ohnmacht fallen. Das Kind fällt dann verkrampft oder völlig entspannt um oder zuckt. Verantwortlich ist hierfür allerdings lediglich der Sauerstoff-Mangel im Gehirn. Der ist völlig harmlos, das Gehirn erholt sich sofort wieder und das Kind reagiert mit schnellem Erwachen und atmet weiter. Für Eltern jedoch sieht diese eigentlich ungefährliche Situation enorm verschreckend aus.
Kann man epileptische Anfälle bei Kindern vorher erkennen?
Vor manchen Epilepsieanfällen sind durchaus bereits Vorboten zu bemerken: Viele Kinder wirken auf einmal abwesend, sie zeigen leichte Zuckungen in den Schultern oder Armen oder ein schlichtweg für Mitmenschen gerade völlig absurdes, unverständliches Verhalten.
Erste Hilfe bei Epilepsie
Ein Epilepsieanfall ist für den Laien, insbesondere wenn der Kranke bewusstlos aufgefunden wird, kaum von einer Herzattacke zu unterscheiden. Ist bisher keine Epilepsie bekannt, so ist am besten ein Notarzt zu rufen, auch wenn die Bewusstlosigkeit bereits die Nachhut des Anfalls darstellt.
Während eines Anfalls sollten die Kinder nicht festgehalten werden, höchstens soweit, dass man sie auf die Seite legen kann.
Grundsätzlich sind am Kind selbst eigentlich keine Rettungsmaßnahmen erforderlich. Dadurch, dass es sich bei einem epileptischen Anfall um eine Form von Krampfanfall handelt, bei dem sich elektrische Impulse des Gehirns im Körper entladen ist auch der Kiefer verkrampft. Es ist also nicht notwendig, den Mund zu öffnen und etwas zum beißen zwischen die Zähne zu legen. Im Gegenteil: Das kann zu Verletzungen führen. Ein Biss auf die Zunge ist nach allgemeiner Auffassung nicht zu befürchten und auch nicht schlimm.
Wichtig ist die Sicherung des Umfeldes durch Wegräumen umliegender, möglicherweise scharfkantiger Gegenstände. Hat man ein Kind, dass unter einer Form von Epilepsie leidet, so sollte man Treppenstufen und jegliche scharfe Kanten sichern, bei einem sich ankündigenden Anfall Stühle und Tische beiseite rücken, im Grunde alles tun, dass sich das Kind im Falle eines Sturzes nicht verletzt.
Ist das Kind bei einem epileptischen Anfall bei Bewusstsein, so sollte man es erst einmal ansprechen ob es ein Akutmedikament dabei hat, dieses gegebenenfalls holen und verabreichen.
Nach dem Anfall muss sich das Kind erstmal erholen. Nach Möglichkeit sollte es ins Bett oder auf eine Liege gelegt werden. Dann heißt es: Überwachen und nicht alleine lassen.
Welche Ursachen gibt es für eine Epilepsie?
Bei vielen Formen der Epilepsie sind die Ursachen meist ungeklärt.
Grundsätzlich möglich sind:
- Geburtsschädigungen (beispielsweise ein Sauerstoffmangel)
- Entwicklungsstörungen bzw. Fehlbildungen des Gehirns
- durch Narben nach Gehirnverletzungen
- Stromschlag
- Vergiftungen
- Entzündungen bzw. Erkrankungen im Gehirn
Immer wieder heiß diskutiert ist auch die Möglichkeit, dass Epilepsien Folge von Impfungen sein könnten. Bei den Recherchen hierzu stößt man immer wieder auf bestätigende Untersuchungen FÜR aber auch GEGEN diese Vermutung bzw. auf eine Abwägung ob nun das Risiko einer Epilepsie für den Schutz vor einer Krankheit gestellt werden kann. Eindeutige Nachweise hierzu zu finden scheint – wie bei vielen Diskussionen zum Thema Impfen – schwierig.
Es ist für Ärzte äußerst schwierig genaue Ursachen für Epilepsien bei Kindern zu erkennen. Lediglich die Hälfte aller Anfälle kann wirklich aufgeklärt werden. Mittels eines Elektroenzephalogramms, kurz eines EEGs, können Hirnströme im Wachzustand und Schlaf gemessen werden. Auch ein CTG oder MRT können Aufschluss darüber geben, welche Hirnbereiche bereits anfällig für bzw. betroffen von epileptischen Anfällen sind.
Wie kann man Epilepsie / epileptische Anfälle bei Kindern therapieren oder behandeln?
Die Diagnose, die oft langwierig und schwierig für alle Beteiligten ist, sowie mögliche Therapien der Epilepsie oder Behandlungsmaßnahmen kann nur ein Facharzt durchführen.
- Medikamentöse Therapie
Die Medikamente für Epilepsie bei Kindern variieren sehr stark entsprechend der gestellten Diagnose. Häufig müssen sie über Jahre hinweg ständig neu eingestellt werden. Ziel ist es immer, die Minimaldosis zu erreichen bzw. die Medikamente auf Dauer wieder auszuschleichen. Ist ein mit Medikamenten behandeltes Kind beispielsweise zwei Jahre anfallsfrei, so wird nach und nach die Dosis herabgesetzt. Zwei Drittel aller behandelten Kinder benötigen keine lebenslangen Medikamente. - Operative Behandlung
Nicht immer erreicht man durch die Gabe von Medikamenten eine Besserung. Dann kann es notwendig werden, bestimmte Hirnbereiche operativ zu behandeln. - Umstellung der Lebensweise
Manche Formen von Epilepsie lassen sich stark durch die eigene Lebensweise beeinflussen. So kann beispielsweise der Verzicht auf Alkohol (im Jugendlichenalter), das Vermeiden von Stresssituationen oder mehr Bewegung zu einer Verbesserung führen. - Bio-Feedback-Methode
Betroffenen Kindern kann auch diese Methode helfen. Sie werden darauf geschult ankündigenden Anfällen entgegenzuwirken, indem sie bewusst auf Atmung und Herzschlag achten und diese versuchen zu kontrollieren. - natürliche Therapie ohne Medikamente
Wie auch bei vielen anderen Erkrankungen gibt es auch immer Eltern, die die Epilepsie der Kinder nicht mit Medikamenten oder operativen Eingriffen behandeln möchten. Je nach Form der Epilepsie kann das durchaus eine Möglichkeit sein, die es in Erwägung zu ziehen gilt. (beispielsweise Homöopathie oder andere Naturheilverfahren)
Nur wenn über viele Jahre hinweg zahlreiche epileptischer Anfälle bei einer Person auftreten, besteht die Möglichkeit der Abnahme der geistigen Leistungsfähigkeit, da durch jeden Anfall Hirnzellschäden auftreten können. Die eigentliche Gefahr besteht eher durch die mögliche Verletzungen bei einem epileptischen Anfall. Zudem fällt es Kindern mit Epilepsie natürlich wesentlich schwerer, sich altersgerecht zu entwickeln, da das Hirn durch die Anfälle immer wieder zusätzlich beansprucht wird.
Wie ist das Leben für ein Kind mit Epilepsie? Schule, Freunde & Co.
Epilepsiekranke Kinder laufen häufig Gefahr, durch ihr soziales Umfeld ausgegrenzt zu werden. Das liegt vor allem an Unsicherheiten und Ängsten.
Deshalb ist es sehr wichtig, dass beispielsweise Lehrer die Epilepsie des Kindes in der Klasse ansprechen, damit jedes der Kinder die Möglichkeit hat, dem betroffenen Kind im Ernstfall zu helfen. Weder das Epilepsiekranke Kind noch die Mitschüler sollten sich einer Situation der Hilflosigkeit ausgesetzt fühlen, das kann auf beiden Seiten im schlimmsten Fall zu psychischen Schäden, aber auch einfach zu Ängsten führen. Eine Sensibilisierung für die Krankheit, die Symptome und die Hilfe, gibt allen Sicherheit, sich auch in einer Notsituation richtig zu verhalten.
Eltern finden Möglichkeiten zum Austausch beispielsweise in Foren wie: www.epilepsie-online.de/forum/
Letzte Aktualisierung am 30.11.2023 / Bilder von der Amazon Product Advertising API
Jana Mielchen
Sehr geehrte Damen und Herren,
gibt es Infobroschüren, die für Kinder gemacht sind?
Es geht um ein Mädchen bei der die Krankheit diagnostiziert wurde und ich Ihr gerne ein spielerisches Helft dazu geben möchte um sich mit der Erkrankung vertraut zu machen.
Danke Jana Mielchen
Lisa
Hallo Jana,
Ich habe im Internet etwas zum Download gefunden, dass dir vielleicht weiterhilft: http://www.dein-gehirn.com/pdf/Epilepsie.pdf.
Alles Gute der Kleinen
Pamela
Hallo Lisa, ich vermisse in Deinem Artikel eine weitere leider eher unbekannte aber schulmedizinisch anerkannte Therapieform. Die Ketogene Diät. Unsere Tochter hat Absencen und wir haben uns gegen die Medikamente dafür für die Diät entschieden. Von bis zu 200 Absencen täglich konnten wir uns in nur wenigen Tagen nach der Diät über max. 20 täglich rießig freuen. Mit der zusätzlichen Gabe von CBD Öl gingen die Absencen sogar noch weiter zurück. Meine Tochter ist im Übrigen nicht geimpft. Ansonsten hat mir Dein Bericht sehr gut gefallen und ich freue mich mehr von Dir zu lesen.