(Gastbeitrag einer Mama)
Kürzlich bin ich über einen Blogbeitrag der lieben Öko Hippie Rabenmutter zum Thema „Zwei Kinder unter zwei Jahren“ gestoßen. Dabei musste ich, wenn auch knapp aus dem Raster fallend, an meine beiden Kinder denken. Wir haben es nicht ganz unter die magische Grenze geschafft, aber nur haarscharf – die Große ist ein Märzkind, der kleine Anfang April geboren, sie sind also fast exakt 25 Monate auseinander
Plant man einen solch geringen Abstand?
Klar, es gibt „schlimmeres“ (wenn man das so überspitzt sagen darf!) Schließlich ist es technisch durchaus möglich sogar schon zwei unter 1 zu haben. Unser Abstand war so halb geplant. Ein zweites Kind wollte ich schon immer haben. Für meinen Mann hätte es nicht unbedingt sein müssen, schließlich gäbe es da ja die finanziellen Fragen, Fragen zur Betreuung und und und… (→ zweites Kind, ja oder nein?)
Der Wunsch war aber schlichtweg viel zu groß um zu verzichten und einen perfekten Zeitpunkt für das zweite Kind gibt es ohnehin nicht. Also sagten wir „mindestens zwei Jahre sollten es schon sein, aber maximal drei“ und legten entsprechend los :). Das es tatsächlich so schnell klappt hatten wir eigentlich nicht erwartet, freuten uns aber riesig.
Die Erwartungen an den Altersabstand
Ich hatte es mit meinem Bruder fast identisch erlebt. Anders als bei meinen Kindern gab es hier das Model „großer Bruder, kleine Schwester“. So ganz klassisch hätte ich mir das auch gewünscht, schließlich hatte ich in meiner Kindheit immer zu ihm aufgesehen. Wir hatten fast exakt den gleichen Altersabstand, knapp über zwei Jahre.
Ganz klar dachte ich mir das ist super, denn…
- wer sich im Alter ähnelt, ähnelt sich auch mehr in den Interessen, sowohl im Spielen als auch in der allgemeinen Freizeitgestaltung
- die Kinder werden sich nie langweilen, weil sie nie die einzigen Kinder sind
- wir sind früher mit dem ganzen „Kinderkram“ fertig und fangen nicht neu an wenn das „schlimmste“ gerade herum ist
- beide haben zeitgleich mit Kindergartenthemen und Schulthemen zu tun
Willkommen in der Realität
Klar, nur wer einen geringen Altersabstand bei den Kindern schafft, setzt die Möglichkeit(!) solche Vorteile daraus zu ziehen. Gerade bei gleichgeschlechtlichen Kindern stehen die Chancen gut, dass sie fröhlich in ihren Zimmern spielen, völlig vertieft in die gemeinsamen Lieblingsspiele. Ja, ähnlich alte Kinder können(!) sich nah verbunden sein, wohl wahrscheinlicher als Kinder deren Altersunterschied größer ist. Doch all das ist nicht gewiss und ein enger Altersabstand kann eben auch seine Nachteile haben.
Denn, das Leben mit zwei so kleinen Kindern ist gar nicht so einfach, schon gar nicht wenn noch zusätzliche überdurchschnittliche Schwierigkeiten dazu kommen.
Die Große und der Kleine – eine noch wachsende Liebe
Die Große war gerade zwei als der Kleine geboren ist. In den ersten Wochen hat sie sich, wie wahrscheinlich in vielen Familien, stark an den Papa gebunden, da wir durch das Krankenhaus ein paar Tage getrennt waren. Mama und das neue Baby waren ihr im ersten Moment fast ein wenig fremd. Sie ging aber immer wunderbar mit dem Kleinen um. Eifersucht auf das Geschwisterchen war glücklicherweise kein großes Thema bei uns. Sie war vielleicht manchmal ihres Alters wegen etwas stürmisch, etwas grobmotorisch, aber immer liebevoll. Bis, ja bis der Kleine einen eigenen Willen entwickelte, eigene Wege einschritt (gerne auch mal über gebaute Türme der Großen) und Charakter entwickelte.
Das mit den gemeinsamen Interessen und dem Vorteil mit ähnlichen Dingen zu spielen hat sich, wohl auch dem unterschiedlichen Geschlecht geschuldet, bei uns nicht so richtig bewahrheitet.
Ihr sucht das klassische Klischee für Geschlechter? Hier! Meine beiden Kinder verkörpern sie tagtäglich: Die Große liebt Puppen, liebt Rollenspiele, malt gerne, singt und redet von morgens bis Abends. Der kleine ist vernarrt in Autos, in Flugzeuge und alles andere fahr- oder flugtaugliche. Er liebt wildes toben, kämpfen, rumräubern. Äh ja, und das in Kombination funktioniert nur sehr selten. Krach ist bei den meinen eigentlich vorprogrammiert…
„Maaaama, er hat mich gehauen!“
„Maaaama, er nimmt einfach meine Puppe!“
„Maaaaaaaaaaaaaaaama, er hört nicht auf!“
Ja, bei uns ist aktuell der Kleine der Unterdrücker. Er lebt seine aggressive Phase fröhlich aus, freut sich ein Loch in den Bauch weil die vernünftige Große sich so leicht ärgern lässt. Was ein Spaß in seinem Alter…
doch es gibt sie auch – die seltenen Momente… Mehr dazu später.
Der Elternalltag
Wir wohnten zu Zeit der Geburt noch im vierten Stock eines Mehrfamilienhauses. Schon das Treppensteigen in der Schwangerschaft war beschwerlich. Lange musste ich die Große die Treppen hinauftragen (Ärzte die empfehlen in der Schwangerschaft nicht zu schwer zu tragen wissen durchaus, dass Mütter von weiteren kleinen Kindern das wohl nie zuverlässig umsetzen werden 🙂 ), dann ging es im Schneckentempo hinauf, als sie endlich selbst die Treppen hinauf ging. Mit Maxi-Cosi im Arm eine Quälerei. Zum Glück folgte noch im selben Jahr der Umzug in ein ebenerdiges Haus…
Liebe durch zwei
Der Kleine ist mit einer angeborenen Hörstörung und einer Herz-Rhytmus-Störung geboren. Dadurch bekam er natürlich viel Aufmerksamkeit in den ersten Lebensmonaten. Viele Arztbesuche, viele Besuche von Frühförderstellen, auch ein Krankenhausaufenthalt um Medikamente einzustellen. Viel für uns Eltern, viel für den Kleinen, aber eben auch für die Große. Wir haben uns alle Mühe gegeben, sie nicht hinten an stehen zu lassen, ihr ähnliche Aufmerksamkeit zu schenken. Schließlich war sie auch gerade einmal zwei Jahre alt. Oft hatte ich Angst, sie käme zu kurz.
Dann folgte auch noch das Trotzalter und das mitten im Alltag mit einem weiteren Kleinkind.
Trotz²
Ich dachte immer ich hätte eine durchaus realistische Vorstellung vom Leben mit Kind, auch vom Leben mit trotzigen Kindern. Doch niemand(!), wirklich niemand kann sich vorstellen wie die Realität dann tatsächlich aussieht.
Die Nächte sind undurchschlafen, tagsüber möchte man sich zerreißen um allem gerecht zu werden: den Kindern, dem Haushalt, dem Mann und dann trotzt da noch so ein kleines Wesen. Ist undankbar, bestimmend, erwartet Konsequenz und klare Strukturen. Und das, wo doch mit zwei kleinen Kindern gar nichts strukturiert ist und die Nerven oft viel zu blank liegen um in seiner Elternrolle mit super Erziehung zu glänzen.
Dann wächst das eine gerade aus dem Trotzalter heraus, schon wächst das nächste hinein. Wo ist nur die Pause zum Durchatmen und neue Kraft schöpfen??? Ja, die fehlt einfach. Wie sagte mir vor fast zwei Jahren eine freundliche Psychologin in der Mutter-Kind-Kur (hier kann man sooo toll Kraft tanken!!! Lest mal nach!)
„Sie haben zwei Kleinkinder. Sie können nur erschöpft sein!“
(mehr Verzweiflung in meinem Artikel zur Trotzphase…)
Und ja, das war ich zu dieser Zeit. Völlig ausgebrannt, ausgelaugt, kraftlos. Fast schon gefühllos. Sicherlich gehöre ich eher zu den Personen, die nicht wirklich für diesen Altersabstand ausgelegt sind. Auch einem weiteren Kind würde ich kräftemäßig niemals gerecht werden. Doch es ist wie es ist und so sammelt man Kräfte, sucht sich Oasen die einem Auftrieb geben, umgibt sich nur mit Menschen die einem gut tun, nimmt sich Zeit für sich und ganz bewusst für die Kinder und dann ist das alles hinzukriegen.
Würde ich es wieder machen?
Irgendwann im Alltag mit den Kleinen habe ich mir diese Frage selbst beantwortet.
Aus der Elternsicht
Für Eltern ist der Abstand von zwei Jahren häufig anstrengend, fürchterlich anstrengend und kräftezehrend, insbesondere dann, wenn sie noch nur wenig von den vermeintlichen Vorteilen eng beeinanderliegenden Geschwistern erleben.
Aus Kinderaugen
Für die Kinder jedoch ist ein solcher Altersabstand toll. Man gibt ihnen die Chance nicht nur Geschwister, sondern auch Freunde zu sein, ein Leben lang einen Begleiter zu haben, der im selben Alter ist, die selben Dinge kennt, die Pubertät mit einem durchsteht und ein Spielgefährte in der Kindheit ist.
Und wie es so ist, wenn man einmal Kinder geboren hat: Meist entscheidet man sich für das, was in den eigenen Augen für die Kinder (auch langfristig) am schönsten ist. Also ja, ich würde mich nur der Kinder wegen wieder für einen geringen Abstand entscheiden.
Glück im Quadrat – Momente die Kraft schenken
Und so gibt es natürlich auch bei meinen Kindern diese tollen Momente. Wenn sie am Boden sitzen, wenn die Große auf den Kleinen aufpasst, ihn auf den Schoss nimmt, ihm Bücher zeigt oder auf ihrem Rücken durch die Wohnung reiten lässt. Momente in denen sie völlig vertieft in Rollenspielen mit kleinen Figuren und Autos sind (das lässt sich nämlich durchaus vereinen), in denen sie wild durch die Wohnung toben um sich später vielleicht in den Haaren zu liegen.
Doch fragt man die Große am Ende des Tages: „Hättest du lieber keinen Bruder?“ so wird immer wieder die Antwort folgen „Nein Mama!! Dann hätte ich doch niemanden zum spielen und wäre so allein…“ Alles richtig gemacht.
Andrea
Ich wollte auch zwei Kinder, nah beinander, weil meine Schwester auch nur zwei Jahre jünger ist. Ich konnte mich erinnern, dass wir uns auch im großen und ganzen gut verstanden haben und immer zusammenhingen. Da ich die schüchterne war, hat sie mir auch oft den Weg geebnet.
Meine beiden – großer Bruder und kleine Schwester – waren selten einer Meinung. Der Große gab meistens nach, wenn die Kleine übertrieben bitterlichste Tränen weinte, weil er ihr Geschrei nicht ertragen könnte. Ich hab sie immer wieder dran erinnert, dass sie doch Geschwister sind und keine Rivalen. Und oft genug saßen sie doch zusammen und bauten und spielten mit Playmobil Abenteuerland quer durch die Wohnung.
Die Schwester meines Mannes ist sechs Jahre älter und hatte damit auch schon ganz andere Interessen als er. Sie musste zur Schule und ging nachmittags zu den Freundinnen und er war dann alleine oder sie musste ihn mitnehmen, was auch nicht zur großen Geschwisterliebe beigetragen hat.
Nichtsdestotrotz bin ich froh, dass es so gelaufen ist, wie es ist. Sicherlich ist ein älteres Geschwisterchen vielleicht vernünftiger (aber auch nicht sicher ?) aber man kann es auch selten wirklich steuern. Außerdem ist jede Konstellation anders, weil auch immer wieder andere Menschen mit vielerlei Charakteren beteiligt sind.
Jetzt lieben sie sich und verstehen sich prächtig, obwohl sie sehr unterschiedlich sind und ich kann mir alles mit Abstand und als Oma betrachten. Ein direkter Vergleich ist eh unmöglich ?