Kinder sind meist sowieso schon in einem schwierigen Alter, wenn manche auch noch anfangen zu schlagen oder zu beißen. Uns Eltern ist es dann natürlich äußerst unangenehm, wenn andere Kinder auch noch dadurch verletzt werden. Nicht selten wird man völlig verständnislos von anderen Müttern angesehen, weil das Kind aggressive Handlungen zeigt. Man fühlt sich, als hätte man in seiner Erziehung versagt, das Kind falsch behandelt – die Selbstzweifel melden sich an vorderster Front. Woher aber kommt in einer bemühten Familie dieses Verhalten?
Ursachen für aggressives Verhalten bei Kindern
- Spielerische Aggressionen
Aggressionen, die spielerisch eingesetzt werden, sollten nicht besorgniserregend sein. Kinder testen in Spielen wie Räuber & Gendarm ihre Kräfte und ihren eigenen bzw. den fremden Körper aus. Für uns Eltern natürlich unverständlich, aber für Kinder ganz normal ist es auch, über Aggressionen Kontakt aufzunehmen. Lautes Schreien oder Schubsen kann also wild aussehen, aber völlig harmlos sein. - Ein starkes Temperament
Gerade Kinder, die besonders viel Temperament und Energie haben, nutzen Gerangel um diesen Überschuss loszuwerden. Außerdem sind sie reizbarer und fühlen sich oft schneller durch Kleinigkeiten angegriffen. Schnell fahren sie dann bei Angst und Unsicherheit aus der Haut. - Suche nach Aufmerksamkeit
Kinder lernen schnell, dass sie mit aggressivem Verhalten die Aufmerksamkeit von anderen Kindern, den Eltern oder vorgesetzten Personen wie Kindergärtnern oder Lehrern schneller bekommen, als über eine positive Handlung - Druckmittel
Bereits Kleinkinder stellen früh fest, dass sie ihren Körper auch als eine Art Waffe einsetzen können, mit der sie andere Kinder beherrschen. Auch wenn diese Feststellung zuerst nur versehentlich eintritt, motiviert die Beobachtung „Hey, wenn ich beiße reagieren alle um mich herum auf mich und die kleine Nervensäge hört endlich auf, mit meiner Puppe zu spielen“ sicherlich zu Wiederholung. - Aggression als Ausdrucksform
In den ersten drei Lebensjahren sind es vor allem Kinder, die sich mit dem Sprechen noch schwertun, die dann besonders mit aggressivem Verhalten auffallen. Wie auch in der Trotzphase wissen sich diese Kinder, in Situationen, in denen sie sich unverstanden fühlen, nicht anders zu helfen. - Häusliche / familiäre Probleme
Kinder, die mit familiären Problemen, wie Scheidung oder Tod umgehen müssen, flüchten sich mit ihren Sorgen und Ängsten oft in die Aggression. Wut ist leichter zu ertragen als Trauer und lässt sich einfacher zeigen. Auch Stress und Überforderung durch einen Umzug oder die Geburt eines Geschwisterchens kann zu ähnlichem Verhalten führen. - Zu enge oder fehlende Grenzen
Beide Extreme tragen nicht dazu bei, ein besonnenes Kind groß zu ziehen. Ein überbehütetes Kind kann nicht lernen, selbst Konflikte auf friedliche Art zu lösen, weil es keine Chance dazu bekommt. Ein Kind ohne Grenzen hingegen stößt oft erst viel zu spät auf die notwendige Konfrontation durch fremde Personen. - Aggression aus der Opferrolle
Natürlich kommt es auch vor, dass Kinder völlig friedlich sind, bis sie von einem anderen Kind permanent angegriffen werden und sich irgendwann wehren. Problematik ist hier, dass diese Kinder nun feststellen, dass sie mit aggressivem Verhalten der Opferrolle entgehen. Dieses Verhalten eignen sie sich dann auch präventiv an, um gar nicht erst wieder in diese Rollenverteilung zu gelangen.
Was kann man tun, wenn das Kind schlägt, kratzt, beißt?
- Ursachenforschung
Zuerst muss man sich fragen, woher das Verhalten kommen kann. Ist etwas Außergewöhnliches passiert in der letzten Zeit? Kinder ab ca. 3 Jahren kann man zum Teil auch direkt in einer ruhigen Minute fragen, was sie bedrückt. Man sollte allerdings nicht fest damit rechnen, eine ehrliche oder aufschlussreiche Antwort zu erhalten, da das meiste Verhalten bei Kindern keinen für sie eindeutig zu benennenden Grund hat. - Mitgefühl und Interesse
Existiert nun tatsächlich eine erkennbare Ursache, heißt es Interesse und Verständnis zu zeigen. Es sind oft Kinder, die rebellieren, um Aufmerksamkeit zu bekommen, die sich durch Rücksicht wieder aufgehoben fühlen. Gemeinsam kann nach einer Lösung gesucht werden, um mit der Problematik anders umzugehen. Natürlich muss dem Kind aber auch unmissverständlich klargemacht werden, dass das Verhalten zwar grundsätzlich nachvollziehbar, dennoch deshalb noch lange nicht in Ordnung ist. - Alternative Methoden zur Konfliktlösung anbieten
Gerade bei Kindern in der Opferrolle ist es wichtig, ihnen nahezulegen, dass man auf Aggressionen anderer nicht mit Gegenaggression reagieren muss. Manchmal kann man einer Situation auch einfach entgehen (beispielsweise durch Weglaufen) oder man versucht ruhig und besonnen zu bleiben und dem aggressiven Gegenüber den Wind aus den Segeln zu nehmen. - Ein Vorbild sein
Als Eltern sollte man seinem Kind die korrekte Konfliktlösung bei jeder möglichen Situation aufzeigen. Kinder lernen durch Nachahmung. Werden in der eigenen Familie Konflikte über Gewalt und laute aggressive Äußerungen gelöst, ist dies selbstverständlich absolut kontraproduktiv. - Konsequenz
Bei Aggressionen, die rein auf dem „Ausprobieren“ basieren gilt es, konsequent zu sein und eindeutig einzuschreiten. Verhalten wie Kratzen, Beißen oder Zwicken, das nur darauf aus ist, zu sehen, wie weit man gehen kann, darf nicht toleriert werden. Große Aufmerksamkeit darf dem Verhalten aber auch nicht geschenkt werden. Eine gute Möglichkeit ist es, das aggressive Kind kurz zu distanzieren, es mit ruhigen erklärenden Worten beispielsweise in eine andere Ecke des Zimmers zu setzen, um ihm gar nicht die Möglichkeit zu geben, sich weiter schlecht zu verhalten. - Bestrafung
Bestrafung ist bei aggressiven Kindern das falsche Mittel. Es führt lediglich zur Festigung des Fehlverhaltens. Denn eine Bestrafung setzt an der falschen Stelle ein. Die Aufmerksamkeit erfahren Kinder ja durch die aufwendige Beachtung ihres schlechten Benehmens.
Aggression als positive Emotion
Wichtig für uns Eltern ist es, die Aggression auch als wichtigen Gefühlsausdruck zu sehen. Sie ist im Leben ebenso wichtig wie Mitgefühl. Was wäre Sport ohne eine gewisse Aggression? Gerade im zwischenmenschlichen Bereichen wird man auch schnell unglaubhaft, wenn man stets ruhig und beherrscht bleibt. Ein Kind kann die Liebe der Eltern besonders spüren, wenn sie für ihr Kind einstehen. So zum Beispiel, wenn die Mutter selbstverständlich aggressiv reagiert, wenn das eigene Kind von anderen angegriffen wird. Aggression sollte durch Erziehungsarbeit am Ende in einer gesunden Selbstbehauptung enden.
Aggressionen als Zeichen für Hochbegabung?
Hochbegabte Kinder neigen zu Verhaltensauffälligkeiten, die sich in verschiedenen Formen zeigen können. Vorweg ist wichtig, dass sich diese Auffälligkeiten meist nur entwickeln können, wenn das Kind nicht die Möglichkeit bekommt sich auszuleben. Zwar sind die emotionalen und sozialen Bedürfnisse dieselben wie bei anderen Kindern, mit normaler Intelligenzausprägung, dennoch sind die kognitiven und konzeptuellen Entwicklungsprozesse deutlich beschleunigt. So kann es passieren, dass Ihr Kind bereits im Kindergarten unterfordert ist. Als Elternteil ist hier eines besonders wichtig: Dem Kind zuhören, beobachten und handeln. Zwar klingt Hochbegabung nach einer Diagnose, die für Eltern erstmals als positiv wahrgenommen wird, bei falscher Reaktion darauf das jedoch kritische Folgen für die weitere Entwicklung des Nachwuchses haben kann.
Aggressive Reaktionen, Interesse an Bücher weit über dem empfohlenen Alter, oder die bewusste Wahl älterer Freunde. All das sind mögliche Entscheidungen des Kindes, die darauf basieren, dass es mit der aktuellen Situation unterfordert ist. In solchen Fällen wird dringend geraten, einen Psychologen aufzusuchen, um erste IQ-Tests zu starten. Ein Wert über 130, gilt als Hochbegabt, was nach aktuellen Stand rund 2,2 % der deutschen Bevölkerung ausmacht. Je früher diese Erkenntnis, desto bessere Möglichkeiten bieten sich Eltern an, um dem Kind entgegenzukommen und eine pass genauere Erziehung gewährleisten zu können.
Eine Gratwanderung
Für Eltern ist es nicht einfach, die richtige Waage zwischen Dulden und Korrigieren zu finden. Zwar sollen Kinder lernen, dass es in Ordnung ist Aggressionen zu haben und diese auch auszuleben, allerdings müssen sie ebenso beigebracht bekommen, wo und wann genau sie diese auslassen dürfen und an welchem Punkt Schluss ist.
Andauernde körperliche Aggressionen wie Schlagen, Beißen oder Treten, ununterbrochen und länger als ein halbes Jahr an, sollte eine Beratungsstelle aufgesucht werden (z.B. Kinderpsychologe, Erziehungsberatungsstelle).
Hilfreiche Elternratgeber
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Sandra
Hallo
Ich bin völlig mit meinem Latein am Ende, unser 1. Kind ist jetzt 19 Monate alt ein junge.. Seit geraumer Zeit beißt er uns bewusst und kratzt uns so sehr das wir manchmal aussehen wie katzeneltern ! Wir haben uns sehr bemüht im ruhigen zu hinterfragen was los ist,, nun stemmt er sich noch mehr gegen uns seit seine Schwester mit 3 Monaten da ist! Er bekommt wirklich viel Aufmerksamkeit und hat einen geregelten Tagesablauf ,, was sollen wir gegn diese aggressiven Attacken tun, manchmal zieht er mich so sehr an den Haaren das ich schreien könnte vor Schmerzen und ich bitte ihn aufzuhören setze ihn ab und gebe ihm das Gefühl das es nicht richtig ist, für einen kurzen Moment hört er auf dann lacht er , spielt weiter oder macht etwas anderes wie z.b beißen,, was mache ich falsch,, liegt es daran dass sein Papa manchmal sehr impulsiv ist manchmal schreit,,, aber nie schlägt oder sonstiges… Wir sind sonst eine sehr harmonische Familie aber durch 2 Kleinkinder gibt es doch hin und wieder vor den Kids stress!!!!
Was kann ich tun ich komm nicht weiter
Lisa
Hallo Sandra,
ich kann dir gut nachvollziehen wie es euch geht. Tatsächlich gibt es aber keine einfache Lösung für das „Beissproblem“. Gerade bei den Kleinen handelt es sich oft um eine Mischung zwischen:
– Aufmerksamkeit fordern
– Ausprobieren bzw Austesten und
– Kontakt suchen.
Diese Möglichkeiten kann man versuchen „abzuarbeiten“. Aufmerksamkeit sagst du bekommt euer Kind bereits viel. Vielleicht hat es gerade einfach nur Freude daran zu sehen wie andere Kinder und Erwachsene reagieren wenn man ihnen weh tut. Jegliche Reaktion wird da aufmerksam beobachtet, sei es nun vor Schmerz schreien, schimpfen oder lachen. Häufig ist der Grad zwischen Lachen und Schimpfen auch nur sehr schmal, was manches Kind etwas verwirren kann.
Kinder, die sich bewusst darüber sind, dass das Beissen und Kratzen weh tut, wollen oft ihre Grenzen austesten. Willkommen in der Trotzphase!!! Man sollte darauf aber nicht mit einem „nicht beissen, nicht hauen, nicht kratzen“ reagieren. Das NICHT nehmen Kinder, besonders die Kleinen, noch gar nicht wirklich wahr und verstehen die Maßreglung lediglich als Aufmunterung genau so weiter zu machen. Stattdessen sollte man mit einem deutlichen NEIN reagieren und im besten Fall Alternativen aufzeigen. „Kuck mal, hier kannst du deine Fingernägel ausprobieren“ (beispielsweise interessante Oberflächen wie Knisterpapier anbieten). Bei den ganze Kleinen (unter einem Jahr) ist es oft ein Versuch zur Kontaktaufnahme mit anderen Kindern. Weil Kinder noch nicht wissen wie das funktioniert, probieren sie einfach alles aus. Dabei kann helfen zu zeigen wie es richtig geht. D.h. dem Kind beispielsweise zu zeigen, dass man die Katze oder ein anderes Kind ja vorsichtig streicheln kann, anstelle es zu hauen.
Ich hoffe ich konnte dir ein wenig helfen…?