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Ist mein Kind normal? Warum wir unsere Kinder nicht ständig analysieren sollten

Autor

Lisa

Veröffentlicht

19.12.2013

Aktualisiert

02.11.2023

Ist mein Kind normal? Warum wir unsere Kinder nicht ständig analysieren sollten

Unsere Tochter ist ein Wirbelwind. Nach der Geburt war sie noch ein völlig entspanntes Kind und je mehr um sie los war, desto glücklicher und ausgeglichener wirkte sie. Sie liebt Action um sich. Im Kindergarten eher still und beobachtend ist sie zu Hause kaum zu halten. Ähnlich wie ihr Drang sich zu äußern. Sie spricht, sobald ihre Augen sich öffnen und macht keine Pause, bis sie am Abend in den Tiefschlaf fällt. Schwierig daran: Sie spricht sehr schlecht und befindet sich deshalb auch aktuell in der Logopädie. Weil sie schlecht zuhört (, außerdem vermutlich auch seit klein auf aufgrund von Paukenergüssen schlecht hört) und sich nicht besonders gut konzentrieren kann, hat die Sprache etwas gelitten. Denn, um sprachliche Korrekturen anzunehmen und den Wortschatz zu erweitern müsste sie eben auch zuhören.

Nun, eindeutig: Konzentrationsstörung, starker Bewegungsdrang = ADHS.

Wenn man sein Kind in eine Schublade steckt

Sicherlich werden jetzt zahlreiche Eltern betroffener Kinder aufschreien! „So eine Diagnose stellt man doch nicht so einfach und schon gar nicht mit 3 Jahren!!!“ Richtig. Genau so ist es. Tatsächlich würde kein vernünftiger Kinderarzt mal schnell dieses oder ähnliches Syndrom als Diagnose stellen. Tut Fakt auch niemand. Nur, als besorgte Mutter gelangt man unheimlich schnell in einen Meer aus Urteilen, Diagnosen und Beurteilungen. Und auf einmal ist ein völlig normales Kind plötzlich auch in den eigenen Augen unnormal oder auffällig.

Ein Sog aus Beurteilungen

Der Alltag mit unserer Großen ist nicht einfach. Die schlechte Konzentration und die Tatsache, dass sie gerne abschweift, während sie uns zuhören soll, macht die Kommunikation schwierig. Streitsituationen sind nur schwer zu bewältigen, wenn besänftigende Worte oder Erklärungen einfach nicht ankommen. Zudem wird ein Kind, dass seine Wünsche und Gefühle nicht richtig ausdrücken kann schnell zornig. Also öffnete ich mich als Mutter und erzählte jemandem meine Sorgen.

  • Unser Kleiner ist schwerhörig ist und wird wöchentlich von einer Dame der Frühförderung besucht. Diese kümmert sich ganzheitlich um die Familie und bot ein offenes Ohr. Als pädagogische Fachkraft fällte sie sich in den wenigen Stunden die sie ab und an unsere Große am Nachmittag zu Gesicht bekam ein Urteil: Urteil der Frühförderung: Kind kann sich evtl. nicht altersgerecht konzentrieren.
  • Aufgrund der Sprachentwickungsverzögerung begann vor kurzer Zeit nun auch die logopädische Behandlung einmal wöchentlich, bei der uns zahlreiche Fragen gestellt wurden und wieder einmal das Kind analysiert wurde. Urteil der Logopädin: Kind hört nicht gut genug zu.
  • Verunsichert vor allem durch das Urteil der Frühförderung wurden von uns als Eltern nun auch die Erzieher im Kindergarten zum Verhalten befragt. Urteil der Erzieher im Kindergarten: Zieht sich oft zurück, spielt lieber allein und sieht viel zu. Das Verhalten im Kindergarten sei also völlig anders als zu Hause. Eigentlich scheint sie sich dort komplett gegenteilig zu verhalten, wie sie es zuhause tut.

RESULTAT: Völlige Verunsicherung

Ständige Vergleiche und Beurteilungen verunsichern Eltern

Wenn Kinder von zahlreichen Ebenen aufgrund ihres Verhaltens und ihres eigenen Charakters beurteilt werden und in die verschiedensten Schubladen (extrem aktiv, eher verschlossen, unkonzentriert etc.) geschoben werden, bekommen es wir Eltern mit der Angst zu tun. Zweifel an der eigenen Erziehung kommen auf, Zweifel am eigenen Verhalten und der Gestaltung des Alltags. Sich überall Meinungen zum eigenen Kind einzuholen ist nicht nur ungemein anstrengend, sondern auch ungesund für die Psyche.

Nicht verunsichern lassen, sondern auf das eigene Gefühl hören

Normalerweise können wir Eltern uns auf die eigene Einschätzung unserer Kinder verlassen. Anstatt sie von anderen Stellen in einzelnen Momenten (in denen sie vielleicht übermüdet sind oder anderes sie bedrückt) beobachten und beurteilen zu lassen, sollten wir an uns und unsere Erziehung glauben. Schnell sieht man sein Kind in einem völlig falschen Blickwinkel und sieht Dinge radikaler als sie es in der Realität sind. Hält man sein Kind für hyperaktiv, so fällt einem jede zu schnelle Bewegung auf, sagt uns jemand das Kind sei zu still, so sehen wir jede Minute ohne Gesang und Gedichte auf einmal negativ.

Positives verstärken, Schwächen entspannt fördern

Statt uns mit den vermeintlichen Fehlern der Kinder zu beschäftigen, sollten wir Eltern die Kleinen einfach ganz entspannt betrachten. Unsere Kinder sind toll wie sie sind. Schwächen, wie die Konzentrationsschwäche unserer Tochter lassen sich wunderbar im Alltag verbessern. Kleine Spiele fördern das Zuhören und so wird auch der Alltag leichter.

Eine nette Dame, die ich in der Zeit der vielen Analysen um Rat bat meinte einmal:

„Liebe Frau, ganz egal was sie in der Vergangenheit mit ihrem Kind getan haben, ob sie nun viel unterwegs waren und eventuell ein paar Strukturen fehlten. Mag sein, dass Strukturen ihrem Kind gut getan hätten. Doch nun ist ihr Kind wie es ist. Und sie sorgen sich und fördern es. Das allein zählt.“

Und genau das definiert eine gute Mutter: Die Sorge um die eigenen Kinder. Der Wunsch den Kindern für ihr Leben den bestmöglichen Start zu geben und ihnen stets bei der Seite zu stehen. So wie sie sind. Ohne sie voreilig in eine Schublade zu stecken ohne ihnen Zeit zu lassen sich selbst zu entwickeln.

2 Jahre später

Unsere Tochter ist mittlerweile ein Vorschulkind und hat sich prächtig entwickelt. Ihre Paukenergüsse gehören dank einer OP der Rachenmandeln und dem Setzen von Paukenröhrchen Gott sei Dank der Vergangenheit an. Sprachlich hatte sie schon im ersten Jahr nach der OP völlig aufgeholt und ist nun auf dem Stand gleichaltriger Kinder. Sie kann problemlos Ende diesen Jahres mit 6 Jahren in die Schule.

Sie ist wesentlich ruhiger geworden. Obwohl sie zuhause neben ihrem tatsächlich schwerhörigen Bruder ganz schön ihren Platz behaupten muss, löst sie Konfliktsituationen super.

Wir bekommen viel Lob für unsere höfliche und aufmerksame Tochter. Sie hilft im Kindergarten wo sie kann, gefällt den Leuten gerne und kann auch leise sein. Sie ist verständnisvoll und kann sich ruhigen Situationen (wie Kirche oder eine anstrengende Autofahrt der Eltern) völlig anpassen.

Vom einst (dem Alter geschuldeten) unruhigen Wesen ist nur noch selten etwas zu sehen. Sie hat ihre Grenzen früh gesucht, nun gefunden und ruht in sich. Wir sind unheimlich stolz auf sie und kein bisschen mehr verunsichert.

Deswegen ein Rat auch an alle Pädagogen: Seit vorsichtig und bitte stets bedacht mit euren Beurteilungen!

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